Cybersecurity in der Finanzbranche ist heute wichtiger denn je: Finanzinstitute stehen im Fokus von Cyberkriminellen, die auf sensible Kundendaten und hohe Vermögenswerte abzielen. Durch die zunehmende Digitalisierung und die Integration von Drittanbietern wächst die Angriffsfläche stetig. Finanzunternehmen müssen daher ihre Cybersecurity umfassend stärken, Risiken entlang der Lieferkette aktiv managen und gesetzliche Anforderungen konsequent umsetzen.
Bedrohungslage: Aktuelle Cyberrisiken für Finanzinstitute
Finanzinstitute sind für Cyberkriminelle besonders interessant. Denn hier finden sich nicht nur hohe Geldsummen, sondern auch hochsensible Daten.
Zu den größten Bedrohungen zählen dabei Ransomware-Angriffe, bei denen Systeme verschlüsselt werden und Lösegeld gefordert wird, sowie Phishing-Kampagnen, die auf die Zugangsdaten von Mitarbeitenden und Kunden abzielen. Distributed-Denial-of-Service (DDoS)-Angriffe legen zudem wichtige Online-Dienste lahm und verursachen massive wirtschaftliche Schäden.
Ein zunehmend kritischer Faktor ist die Abhängigkeit von Drittanbietern. Schwachstellen in der Lieferkette werden gezielt ausgenutzt, um über weniger geschützte Partnerunternehmen Zugriff auf große Finanzinstitute zu erlangen. Supply-Chain-Angriffe – etwa über kompromittierte Software-Updates – stellen dabei eine besonders tückische Bedrohung dar, da sie oft schwer zu erkennen und noch schwerer zu stoppen sind.
Cyberkriminelle agieren heute hochprofessionell und arbeitsteilig. In der sogenannten Cybercrime-as-a-Service-Ökonomie können selbst unerfahrene Angreifer leistungsfähige Werkzeuge wie Malware, Ransomware oder Phishing-Kits mieten. Für Finanzinstitute bedeutet dies: Sie müssen mit Angriffen aus unterschiedlichsten Richtungen und auf vielfältige Weise rechnen.
Schutz von Finanzdaten und Transaktionen
Im Zentrum jeder Cybersecurity-Strategie in der Finanzbranche steht der Schutz sensibler Daten und finanzieller Transaktionen. Angesichts der steigenden Zahl gezielter Angriffe auf Finanzsysteme ist der Einsatz bewährter Sicherheitsmaßnahmen unerlässlich.
Eine zentrale Rolle spielt die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung: Sie schützt Daten während der Übertragung und gewährleistet, dass nur autorisierte Empfänger auf die Inhalte zugreifen können. Ergänzend dazu setzen immer mehr Institute auf Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA), um unbefugte Zugriffe selbst bei kompromittierten Passwörtern zu verhindern. Besonders effektiv ist die Kombination aus biometrischen Verfahren und Hardware-Tokens.
Ein weiteres Schlüsselelement ist die Echtzeit-Überwachung von Transaktionen. Mithilfe von KI-gestützten Analyse-Tools lassen sich verdächtige Aktivitäten sofort erkennen und blockieren. Solche Systeme werden zunehmend mit Threat-Intelligence-Diensten kombiniert, um neue Angriffsmuster frühzeitig zu identifizieren.
Darüber hinaus setzen viele Banken auf Zero-Trust-Architekturen – ein Sicherheitsansatz, bei dem grundsätzlich kein Gerät oder Nutzer als vertrauenswürdig gilt, bevor er nicht überprüft wurde. Diese Philosophie ist besonders wirkungsvoll in hochgradig vernetzten IT-Umgebungen, wie sie in der Finanzbranche üblich sind.
Nicht zuletzt spielt auch die Aufklärung und Schulung der Mitarbeitenden eine entscheidende Rolle. Denn selbst die besten technischen Schutzmaßnahmen nützen wenig, wenn Mitarbeitende auf Phishing-Mails hereinfallen oder sensible Daten unbedacht weitergeben.
Strategien zur Sicherung der Lieferkette
In der hochvernetzten Finanzwelt hängt die Sicherheit eines Instituts nicht mehr nur von den eigenen Systemen ab, sondern auch von der Integrität seiner Lieferkette. Ein einziges schwaches Glied – etwa ein unzureichend geschützter IT-Dienstleister – kann das gesamte System gefährden. Angriffe auf Lieferketten zählen deshalb laut BSI zu den größten Risiken für Unternehmen.
Eine erste Maßnahme ist die systematische Risikoanalyse entlang der Lieferkette. Dabei werden alle beteiligten Partner, Systeme und Schnittstellen auf potenzielle Schwachstellen geprüft. Besonders kritisch sind Softwarelieferanten, Hosting-Partner und Anbieter von Zahlungsdienstleistungen, deren Systeme direkt mit den Kernprozessen eines Finanzinstituts verbunden sind.
Finanzunternehmen sollten zudem Sicherheitsstandards für alle Zulieferer verbindlich vorschreiben. Dazu gehören Mindestanforderungen wie regelmäßige Penetrationstests, dokumentierte Notfallpläne und die Anwendung aktueller Verschlüsselungstechnologien. Ein bewährter Rahmen für solche Anforderungen ist die ISO 28000, die sich auf Sicherheitsaspekte in der Lieferkette konzentriert.
Eine weitere Strategie ist der Einsatz digitaler Vertrauensmodelle, wie z. B. Blockchain-Technologie zur Nachverfolgung und Authentifizierung von Softwarelieferungen. Sie erhöht die Transparenz und erschwert Manipulationen innerhalb komplexer Lieferketten.
Schließlich empfiehlt sich eine regelmäßige Überprüfung und Neubewertung der Lieferantenrisiken. Gerade in Zeiten rasanter technischer Veränderungen können ehemals sichere Partner schnell zum Risiko werden – sei es durch Fusionen, Outsourcing oder eine veränderte Bedrohungslage.
Minimierung von Risiken durch Drittanbieter
Drittanbieter spielen in der Finanzbranche eine zentrale Rolle – ob als Cloud-Anbieter, Zahlungsdienstleister oder spezialisierte Softwarepartner. Gleichzeitig stellen sie ein erhebliches Risiko dar, wenn ihre Sicherheitsvorkehrungen unzureichend sind. Ein kompromittierter Drittanbieter kann nicht nur sensible Daten gefährden, sondern auch regulatorische Folgen für das beauftragende Institut nach sich ziehen.
Ein bewährter Ansatz zur Risikominimierung ist der Aufbau eines Third-Party Risk Management (TPRM)-Programms. Dabei werden alle externen Partner systematisch nach Risiko-Level klassifiziert und mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen versehen. Besonders bei kritischen Anbietern – etwa im Zahlungsverkehr oder in der Datenverarbeitung – sind regelmäßige Audits, Schwachstellenscans und Penetrationstests essenziell.
Ein weiteres Instrument sind sorgfältig gestaltete Verträge, die klare Anforderungen an die IT-Sicherheit und den Datenschutz enthalten. Dazu gehören auch Regelungen zur Meldepflicht bei Sicherheitsvorfällen, Notfallmaßnahmen und der Zugriff auf Sicherheitsnachweise (z. B. ISO-Zertifizierungen).
Wichtig ist zudem, die Zusammenarbeit mit Drittanbietern laufend zu überwachen. Eine einmalige Prüfung bei Vertragsabschluss reicht nicht aus – kontinuierliche Überprüfung der Einhaltung von Sicherheitsstandards ist Pflicht. Tools zur automatisierten Überwachung und Risikoeinschätzung von Drittanbietern können hier hilfreich sein.
Schließlich sollten auch Ausstiegsstrategien berücksichtigt werden. Falls ein Anbieter die geforderten Sicherheitsstandards nicht mehr erfüllt, muss ein geordneter Wechsel ohne Sicherheitslücken möglich sein – ein Punkt, der in der Praxis oft vernachlässigt wird, aber im Ernstfall entscheidend ist.
Regulatorische Anforderungen und Compliance
Cybersecurity in der Finanzbranche ist längst nicht mehr nur eine technische Herausforderung, sondern eine gesetzliche Verpflichtung. Nationale und europäische Regulierungen verlangen von Finanzinstituten umfangreiche Maßnahmen zum Schutz ihrer IT-Infrastruktur und zur Gewährleistung der Datenintegrität.
Ein zentrales Regelwerk auf europäischer Ebene ist die DORA-Verordnung (Digital Operational Resilience Act). Sie schreibt Finanzunternehmen verbindlich vor, Risiken durch Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) aktiv zu managen. Dazu gehören unter anderem verpflichtende Risikoanalysen, Meldepflichten bei Vorfällen und regelmäßige Resilienztests – auch bei Drittanbietern.
Auf nationaler Ebene ergänzt die BAIT (Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT) die Vorgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sie stellt sicher, dass IT-Systeme, Prozesse und Kontrollen im Einklang mit den Anforderungen des Kreditwesengesetzes stehen. Besonders relevant sind hier die Anforderungen an ein Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS) und an Notfallkonzepte.
Auch internationale Standards wie ISO/IEC 27001 gewinnen an Bedeutung, da sie eine systematische Herangehensweise an Informationssicherheit ermöglichen und in vielen Ausschreibungen oder Prüfungen bereits vorausgesetzt werden. Neben dem Schutz vor Angriffen geht es auch um die Nachvollziehbarkeit und Wiederherstellbarkeit im Ernstfall – ein Punkt, der besonders im Finanzwesen kritisch ist.
Die Einhaltung dieser Vorschriften ist nicht nur ein Mittel zur Risikominimierung, sondern zunehmend auch ein Wettbewerbsfaktor. Kunden und Geschäftspartner erwarten heute transparente und belastbare Sicherheitsstrukturen – und honorieren Institute, die diesen Erwartungen gerecht werden, mit Vertrauen und langfristiger Loyalität.
Fazit: Proaktive Maßnahmen für eine sichere Zukunft
Cybersecurity in der Finanzbranche ist weit mehr als nur eine technische Disziplin – sie ist ein strategisches Element für Stabilität, Vertrauen und Wettbewerbsfähigkeit. Die Bedrohung durch Cyberangriffe nimmt weiter zu, und besonders Finanzinstitute sind attraktive Ziele. Ransomware, Phishing und Angriffe auf Drittanbieter oder Lieferketten verlangen nach ganzheitlichen Sicherheitsstrategien.
Die gute Nachricht: Es stehen zahlreiche Werkzeuge und Standards zur Verfügung, mit denen sich diese Herausforderungen bewältigen lassen – von Verschlüsselungstechnologien und Echtzeitüberwachung über Third-Party Risk Management bis hin zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben wie DORA oder BAIT.
Wichtig ist dabei vor allem eines: proaktives Handeln. Wer nur reagiert, wenn der Schaden bereits eingetreten ist, riskiert nicht nur wirtschaftliche Verluste, sondern auch langfristigen Vertrauensverlust. Finanzinstitute, die Cybersecurity als kontinuierliche Aufgabe verstehen und in ihre gesamte Organisation integrieren, sind eindeutig im Vorteil – heute und in Zukunft.